Stanzwarenfabrik „Feinmechanik”

Eine Stanze ist ja nichts anderes als eine Form zum Pressen oder Ausschneiden von Gegenständen oder um ihnen bestimmte Motive zu verpassen. Das größte Werk in der Niederstadt, das das Stanzen industriemäßig nutzte war die Blechwarenfabrik in der Reitergasse (Ulanska), die eigentlich die Tradition der sich dort vor dem Krieg befindenden Werke I. B.W. nach dem Krieg fortsetzte. Doch auch in der Weidengasse funktionierte vor dem Krieg eine Firma, die bei ihrer Produktion Stanzen einsetzte. Sogar in ihrem Namen spiegelte sich ihre Spezialisierung wieder: Feinmechanik GmbH, die nach der Entmilitarisierung DANZIGs in einem der Gebäude der Königlichen Gewährfabrik in der Weidengasse 35/ 38 ihren Sitz hatte.

Alles fing im Jahre 1921 an als drei Herren aus dieser Gegend, die hohe Stellen in der Industrie innehatten, darunter zwei Fabrikanten und ein Mechaniker, beschlossen, gemeinsam eine Firma zu gründen. Anfangs war es nur ein kleiner Betrieb, der jedoch mit der Zeit zu einer recht großen Fabrik gewachsen ist. Eine Fabrik, die fast 20 Jahre lang hier in der Niederstadt gastierte.

Den Namen Feinmechanik findet man zum ersten Mal im Adressbuch von 1924. Und bereits damals hing der Name zusammen mit der Anschrift der ehemaligen Königlichen Gewährfabrik. Und diese Firma gab es hier, wie es spätere Adressbücher belegen, sogar noch während des II Weltkrieges.

Doch was wurde in der Fabrik von Gustav Peters und Rudolf Peters hergestellt? Laut Jahrbuch für Handel und Industrie in Polen aus dem Jahre 1936 war es folgendes Sortiment: Bürobedarf, chirurgische Instrumente, Weihnachtsbaumschmuck, gestanzte Metallwaren und Galanterie (z.B Knöpfe), Drahtwaren, Klammern, Leisten, Metallabzeichen, Glühbirnenfassungen, Elemente für Füllfederhalter, Fahrradbestandteile, Ordner Heftklammern.

Unter all den aufgezählten Gegenständen spielte die Produktion vom feinmechanischen Bürozubehör eine besonders große Rolle. Dazu gehörte auch die Feinmechanik für die Ordner und ihre Bestandteile, Locher, Maschinen zum Binden, Schnellhefter, Halterungen für Schreibtischkalender, die alle teilweise mit selbstentwickelten und geschützten Systemen ausgestattet waren.

Ein zweites Fachgebiet der Firma war die Herstellung von Michaels Wundklammern, die man in der ganzen Welt verwendete. Diese wurden in großen Mengen exportiert und der Hersteller war praktisch konkurrenzlos.

Die Firma rühmte sich auch damit, dass für die Produktion vor allem Maschinen, Automaten wie auch Spezialgeräte verwendet werden, die nach eigenen Projekten und nur in der eigenen Fabrik und in eigenen Werkstätten hergestellt wurden. In den Werkstätten funktionierte auch ein eigenes Beschichtungswerk, in dem je nach Verwendungszweck die Produkte mit Gold, Silber, Zink, Messing oder Kadmium beschichtet werden konnten. Es gab auch ein firmeneigenes Emaillierwerk.

1942 wurde die Fabrik in der Weidengasse 35/38 von dem deutschen Unternehmer Herbert Schnelle gekauft und an die bereits seit 1919 in Danzig, erst in der Ziegengasse 8, später in der Pferrerstadt 53, funktionierenden Firma Velox (was die lateinische Variante des Namens Schnelle war) angeschlossen. Die neue Firma erschien bereits in der Zugabe zum Adressbuch für Danzig aus dem Jahre 1943. Wie man es der Beschreibung entnehmen kann, hat sich das Tätigkeitsprofil nicht viel geändert. Weiterhin produzierte man da unter anderem Metallwaren. Nach dem Krieg, am 20. März 1946, wurde in den Handelsregister in Hamburg die Firma Velox Metall und Papierverarbeitungswerk Herbert Schnelle GmbH eingetragen, die für ihren Hauptsitz die Stadt Barmstedt wählte. Sie funktionierte später noch zig Jahre lang unter verschiedenen Namen. Das angehängte Bild vom Jahre 1965 zeigt den früher erwähnten Herbert Schnelle, der zusammen mit seiner Frau Gemahlin namens Friede am Tisch sitzt.

Im Jahre 1960 in der Ausgabe von UNSER DANZIG erschien eine Anzeige, in der man die früheren Mitarbeiter der Firma Feinmechanik suchte. Wir wissen leider nicht, ob der Aufruf erfolgreich war. Der original Firmenumschlag vom September 1927 stammt aus der Sammlung der Geschichtserzähler der Niederstadt in Danzig. Die Zeitungsanzeige stammt aus „Nasz Przegląd: organ niezależny” vom 27 August 1926, Nr 237. Bild vom Herbert Schnelle stammt aus dem Buch „Danziger Bürgerbuch : Bilder aus Leben und Wirken Danziger Männer und Frauen in Politik, Wirtschaft, Presse, Kunst, Wissenschaft, Volksbildung” erschienen 1927. Das Bild vom Ehepaar Schnelle stammt von folgender Webseite.

Text: Jacek Górski.

Übersetzung – Andreas Kasperski.

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