Das Jungchen aus der Wiesengasse 7 (heute Wierzbowa Str.)
Wierzbowa/Wiesengasse. Ein kleines ruhiges Gässchen in der Niederstadt. Ein Gässchen, in dem nur wenige alte Häuser stehen. Wierzbowa. Die Nummerierung der Häuser hat sich seit der Vorkriegszeit nicht verändert. Eines der Eckhäuser trägt die Nummer 7.
Im Jahre 1979 musste in diesem Haus wahrscheinlich ein großer Fan der amerikanischen Band „Kiss“ wohnen, denn an der Wand des Hauses wurde gar zweimal ihr charakteristisches Logo mit den zwei S eingeritzt. Wer weiß, ob aus den Fenstern im Erdgeschoss oder einer der oberen Etagen, man nicht die lauten Töne der Bekannten Schlager „Rock And Roll All Nite”, „Shout It Out Loud”, „Beth” oder „Hard Luck Woman” hören konnte…
Das andere Leitmotiv, das am Hauseingang immer wieder erscheint, sind die ausländischen Zigarettenmarken. Uns ist es gelungen drei davon zu identifizieren – Malboro [Mit einem Fehler geschrieben, denn ohne R], Kent und Lord. Möglicherweise gab es damals auch die Marke Space (auf der Wand wurde deren phonetische Aussprache eingesetzt: Speyz). Meine musikalischen Gedanken lassen mich jedoch vermuten, dass wir hier möglicherweise doch mit einem musikalischen Gedanken zu tun haben. Im Jahre 1977 nahm die Band Space den bis heute bekannten Titel „Magic Fly” auf. Ob dies jedoch hier die richtige Spur ist?…
Liebhaber der Musik aus den siebziger Jahren werden vielleicht an der Wand den Namen einer weiteren Band erkennen. Diesmal aus der Strömung Glam Rock. Ihr Name erscheint an der Wand vollständig oder nur teilweise, denn nicht alle Buchstaben sind so deutlich zu erkennen wie beim Kiss. Es handelt sich nämlich um die britische Band Kenny, die vor allem für solche Songs wie „The Bump” „Fancy Pants” und „Hot Lips” bekannt ist.
Das Ganze wird gekrönt von folgenden Initialen Z.G., M. Sz., S.M., J.K., D.K. , die manchmal mehrmals vorkommen. Solche Initialen wurden meistens von Kindern eingesetzt. Kinder die in diesem Haus wohnten oder nur hier spielten und in einem anderen Haus in dieser Straße wohnten. Vielleicht wohnten sie ja auch in der Nachbarschaft in der Weikhammergasse (Polna), vielleicht in der Groddeckgasse (Radna) oder in Grüner Weg (Zielona), bzw. in der Grabengasse (Przyokopowa) und besuchten nur die Kinder in diesem Haus.
Eines der Kinder wurde auf diesem Foto verewigt. Es steht vor der Eingangstür, mit einer karierten Jacke und einer Bommelmütze. Auf dem Rücken trägt es einen Schulranzen und hält in den Händen etwas, was sowohl eine Tüte für Hausschuhe als auch eine Einkaufstasche sein könnte. Der Junge steht da und schaut interessiert auf die andere Straßenseite. Vielleicht hält er Ausschau nach jemandem… oder wartet auf jemanden… es wäre interessant zu wissen, ob auch seine Initialen irgendwo an der Hauswand eingeritzt sind. Und wenn es nicht seine sind, dann vielleicht von jemandem aus seiner Familie, von seinem Bruder oder seiner Schwester, oder seinem Nachbar…
Beim Anblick solcher Bilder erwacht immer die Hoffnung, dass sich nach 40 Jahren jemand meldet, der mehr Details über den Ort kennt, den Fan der Band Kiss oder der ausländischen Zigarettenmarken aus dem Haus Nummer 7 kannte. Und am schönsten wäre ein Kommentar von einem der Leser im Alter zwischen 47-48 Jahren, der uns persönlich anschreibt.
Ihr werdet es nicht glauben, es bin ich, der auf dem Foto zu sehen ist. Und ich sage euch noch etwas mehr dazu – es ist das erste Mal, dass ich das Bild zu sehen bekomme.
Lieber Anwohner aus der Wiesengasse, wir rechnen fest mit Euch und hoffen auf eure Erzählungen.
Das präsentierte Bild wurde von Artur Wołosewicz gemacht. Quelle: Sobiecka L., Kaliszczak M. (ed.), Gdańsk – Dolne Miasto. Dokumentacja historyczno-urbanistyczna, PP Pracownie Konserwacji Zabytków Oddział w Gdańsku Pracownia Dokumentacji Naukowo-Historycznej, Gdańsk 1979.
Text: Jacek Górski.
Übersetzung – Andreas Kasperski.