Das letzte Haus dieser Art
Ich stehe an der Straßenbahnhaltestelle „bei der Kaserne” – wie man früher sagte, und ein Stadthaus sticht mir ins Auge. Wir gehen jeden Tag an Gebäuden, Plätzen und Geschäften vorbei und denken nicht über die Veränderungen nach, die um uns herum geschehen.
Jetzt, während ich auf die Straßenbahn warte, die „in die Stadt” fährt, kann ich etwas beobachten, das so normal ist und sogar zum Straßenbild gehört. Das letzte Haus in der heutigen Reitergasse. Ein schmales, mehrstöckiges Mietshaus mit Resten von Verzierungen über den Türrahmen, in dessen unterster Etage ein Geschäft für Angler und Tierfreunde namens „Nymfa” untergebracht ist. Neben dem Laden befindet sich ein Fußgängertor, das auf die andere Seite des Gebäudes führt. Früher war dies der Eingang zum Innenhof, doch jetzt, da die benachbarten Mietshäuser verschwunden sind, dient es als Durchgang. Die Seitenwand wird von Gerüsten zusammengehalten, die von den Isolierungsarbeiten übrig geblieben sind. Sie wurden zurückgelassen und dienen nun als Werbeträger, und der untere Teil des Gerüsts wurde für eine Kunstinstallation genutzt, bei der es sich um einen Niederstadt-Comic handelte.
Ein Mietshaus wie ein Mietshaus. Es scheint nichts Ungewöhnliches zu sein. Aber wenn man in das Licht der Pforte tritt und den Kopf hineinsteckt, fällt der Blick auf die Malereien an der Decke. Als Kind haben wir manchmal den Weg zum Schwimmbad im GKS-Stadion abgekürzt, aber die Gemälde haben mich nicht interessiert. Erst zu Beginn meines Abenteuers mit den Geschichtserzählern und Stadtführern erfuhr ich, dass die Eugenia-Loge unter dem Gekrönten Löwen ihren ersten Sitz ganz in der Nähe in der Sadowa-Straße (Herrengarten) 1 hatte.
Der Meister der Loge war Daniel Gralath der Jüngere, ein Absolvent der juristischen Fakultät der Universität Königsberg. Die Loge nahm ihre Tätigkeit am 11.VII. 1777 in einem Haus mit Garten, das zu diesem Zweck für 21.000 Gulden erworben wurde. Um 1780 wurde sie auf Initiative von Meister Gralath umfangreich umgebaut. Die Grundsätze der Gleichheit, der Brüderlichkeit und des Aufbaus der Menschlichkeit – d.h. der Würde und des Menschen – leiteten die Aktivitäten der Freimaurer. Zu den Symbolen der Freimaurer gehören Attribute, die mit dieser Ideologie in Verbindung gebracht werden, nämlich das Universum (Kosmos) und der Bau (Darstellungen von Sonne, Mond, Globus, Sternen, unbehauenem Stein, kubischem Stein, spitzem Stein, Kelle, Seilen, Hammer, Kelle, Zirkel, Lineal, Libella). Die Eugenia-Loge hatte während der Amtszeit von Daniel Gralath karitative Aktivitäten in ihren Statuten. Finanzielle Unterstützung erhielten beispielsweise das Lazarett St. Rochus (das heute nicht mehr existiert) und das Institut für die Armen. Meister Gralath trat von seinem Amt zurück, als er zum Rektor des Akademischen Gymnasiums ernannt wurde. Sein Platz wurde 1808 von Daniels jüngerem Bruder Karl Friedrich eingenommen. Er übernahm bis 1817, d.h. bis zu seinem Tod, die Leitung der höheren Grade der Loge. Die Aufgaben des Meisters in Eugenia wurden im selben Jahr von Chrystian Wernick übernommen, der bis 1844 Direktor der Königlichen Post in Danzig war. Während seiner Amtszeit wurde die Eugenia-Loge nach Langgarten 18 verlegt. Der Grund für die Verlegung war der Bedarf an einer Kaserne, die von den Bewohnern der Niederstadt „Rote Kaserne” genannt wurde. Das gegenüberliegende Haus, das die Feuersbrunst des Krieges überstanden hat und in dem wahrscheinlich ein Mitglied oder Sympathisant der Freimaurer wohnte, ist eine wunderbare Erinnerung an diese Zeit. Es verbirgt das Geheimnis der Aktivitäten der Freimaurer.
Der Autor des Farbfotos, das den Artikel ankündigt, ist Jerzy Gajewicz. Die Autorin des Farbfotos im Hauptteil des Artikels ist Elżbieta Woroniecka. Die drei Schwarz-Weiß-Fotos stammen von Artur Wołosewicz. Quelle: Sobiecka L., Kaliszczak M. (Hrsg.), Gdansk – Dolne Miasto. Dokumentacja historyczno-urbanistyczna, PP Pracownie Konserwacji Zabytków Oddział w Gdańsku Pracownia Dokumentacji Naukowo-Historycznej, Gdańsk 1979.
Der Autor – Aleksander Masłowski – liest einen Auszug aus dem Buch „Geschichte der Niederstadt bis 1945” über die Eugenia-Loge unter dem gekrönten Löwen.
Die Farbfotografien der Polychromie an der Decke der Tordurchfahrt stammen aus dem Jahr 2004, ihr Autor ist Dariusz Boczek.
Autorin des Artikels: Elżbieta Woroniecka
Übersetzung – Andreas Kasperski.
P.S. In der Sammlung der Geschichtserzähler der Niederstadt befindet sich diese interessante Postkarte, die im Januar 1921 an den Kaufmann W. Unruh, Langgarten 97/99, geschickt wurde. Sie enthält eine aktualisierte Einladung für Montag, den 24. Januar um acht Uhr abends zu einem Kunstverein. Dr. Rud. Blümner aus Berlin sollte an diesem Tag junge deutsche Lyrik vortragen und vielleicht auch selbst rezitieren. Was den Lesern im Zusammenhang mit diesem Artikel auffallen mag, ist der Hinweis auf einen Treffpunkt für Lyrikliebhaber. Und dieser Ort ist – wie der Einladung zu entnehmen ist – die bereits erwähnte Eugenia-Loge.