Das St. Marienkrankenhaus auf Postkarten (Teil III)
Zugegeben, die Gebäude des St. Marien-Krankenhauses fallen dem Betrachter dieser Postkarte aufgrund ihrer großen Ausmaße wahrscheinlich sofort ins Auge. Und deshalb lautet die Bildunterschrift wohl auch St. Marien-Krankenhaus. Genauer gesagt, zeigt sie drei wichtige Elemente des Krankenhausgebäudes. Von links kommend ist der letzte Teil des katholischen Krankenhauskomplexes an der damaligen Schleusegasse zu sehen (der letzte, da er tatsächlich als letzter dem Krankenhaus als Ganzes hinzugefügt wurde). Das niedrige einstöckige Gebäude an der Ecke ist die ehemalige Leichenhalle. Daneben zeigen wir ein Foto desselben Gebäudes aus dem Jahr 1979. Das höhere Gebäude im Hintergrund – seitlich von der genannten Leichenhalle und zur Bastion Bär/Reduta Miś Straße hin gelegen – ist das Gebäude des neuen Waisenhauses. Ein etwas besserer Blick auf diesen Ort (aber ein paar Jahre jünger) wird in der Analyse der Postkarte vom Oktober 2015 ausführlicher beschrieben.
Bei der Erörterung des Inhalts dieser Postkarte kann man jedoch nicht ignorieren, was im Vordergrund zu sehen ist. Und dies ist höchstwahrscheinlich die erste bekannte Aufnahme von diesem Teil der Niederstadt. So sah die Straße Reduta Wyskok (früher Bastion Aussprung) vor mehr als 100 Jahren aus. Mitten durch die Straße verlaufen Eisenbahnschienen. Die Gleise führten zur nahegelegenen Königlichen Gewehrfabrik, zur Maschinenfabrik und zur Eisen- und Stahlgerätefabrik in der Weidengasse, zur Danziger Brotfabrik von Simon Anker in der Kolkowgasse/Królikarnia-Straße, zu den Königlichen Artilleriewerkstätten (später zur Blechverpackungsfabrik) und zum städtischen Schlachthof am Englischen Damm. Auf dem beigefügten Kartenfragment können Sie den Verlauf dieser Bahnlinie im Detail nachvollziehen – zusammen mit dem Strassenbahndepot am Hühnerberg/ Kurza.
Auf der linken Seite der Gleise sind – abgesehen von dem Fußweg und einer Reihe junger Bäume – vier nicht sehr hohe Gebäude zu sehen. Die ersten drei davon wurden der bereits erwähnten Gasse Bastion Aussprung/Reduta Wyskok zugeordnet. Man beachte, dass in jedes dieser Häuser zwei Türen führten. In einem dieser Häuser befindet sich heute das ISE. Daneben zeigen wir ein Foto von eben diesem Haus aus dem Jahr 1979. Und das Gebäude am Ende (das vierte vom Anfang der Häuserreihe an gerechnet) mit dem unleserlichen Schild über dem Fenster – das ist zufällig das letzte Haus, das dieser Seite der Schleusengasse zugeordnet ist.
Und was ist auf der gegenüberliegenden Seite der Gleise zu sehen? Der andere Teil der Fahrbahn. Und die eingezäunten Teile der Bastion mit den darüber wachsenden Weißdornen. Nach dem Krieg gab es hier eine Feuerwache und später das Reduta-Zentrum. Wie auf alten Ansichtskarten üblich, wird die Atmosphäre durch die Menschen ergänzt. In diesem Fall sind es vor allem Kinder. Drei Mädchen, die für ein Foto posieren, ein Junge, der über einen Zaun springt oder sich bereits dahinter befindet, ein zweiter Junge, der mit dem Rücken zum Fotografen steht und den ersten von der Straße aus beobachtet, ein weiterer, der sich den Gleisen nähert, und ein Mädchen, das auf dem Bürgersteig neben einem der Bäume steht. Damit das Gleichgewicht gewahrt bleibt, steht in der Tür des ersten Hauses an der Reduta Wyskok eine Dame mit Hut. Und in der Ferne, an der Ecke der Schleusengasse und Bastion Bär, ist eine weitere undeutliche Silhouette zu erkennen. Es ist jedoch schwer zu bestimmen, ob es sich um ein Kind oder einen Erwachsenen handelt. Wäre eine Lokomotive mit mehreren Waggons gleichzeitig über die besagten Gleise gefahren, wäre die Aufnahme noch wertvoller gewesen. Aber auch ohne dieses ständige Verkehrselement der Niederstadt verdient die Postkarte den Begriff, den eine der Geschichtserzählerinnen in solchen Fällen verwendet. Sie bezeichnet solche Aufnahmen schlicht als „Perlen”. Und es ist schwer, ihr nicht zuzustimmen.
Die Postkarte wurde in einem Kriegsgefangenenlager in Heubude/Stogi geschrieben und kam am 9. Dezember 1916 auf dem Postamt an. Sie war adressiert an Herrn O. Glassmann, wohnhaft in Straßburg, Elsass.
Die Firma Knackstedt & Näther aus Hamburg (der Herausgeber dieser Postkarte) dürfte unseren Lesern bereits gut bekannt sein. Denn wir haben bereits die Mattenbuden-Brücke (I), die Mattenbuden-Brücke (II), Langgarten, den Milchkannenturm und den Weißen Turm mit der gleichen unverwechselbaren Signatur bereits beschrieben. Bitte beachten Sie die letztgenannte Postkarte. Sie ist mit W.S. 19 (Dzg. Nr. 18) 12 bezeichnet, während die hier besprochene Postkarte mit W.S. 19 (Dzg. Nr. 12) 12 bezeichnet ist. Beide gehören also zu einer bestimmten Serie. Und auch wenn die Nummerierung, die auf den Postkarten festgehaltenen aufeinanderfolgenden Standorte in der Niederstadt und am Uferplatz widerspiegelt, gab es zwischen Nr. 12 (Bastion Aussprung) und Nr. 18 (Weißer Turm) noch viele interessante Aufnahmen zu machen. Zu nennen sind hier das Straßenbahndepot, die Steinschleuse, die Reservemühle, der Südbahnhof, das Leege Tor, der Wallplatz, das Kleine Zeughaus, die Kaserne oder der Trump-Turm. Es wird interessant sein zu sehen, ob diese These eines Tages in der Praxis getestet und vielleicht verteidigt werden kann…
Die abgebildete Original-Postkarte stammt aus der Sammlung der Geschichtserzähler der Niederstadt in Danzig.
Autor: Jacek Górski.
Übersetzung – Andreas Kasperski.
Autor der Schwarz-Weiß-Fotos: Artur Wołosewicz. Quelle: Sobiecka L., Kaliszczak M. (ed.), Gdańsk – Dolne Miasto. Dokumentacja historyczno-urbanistyczna,
Lesen Sie auch:
1/ Das St. Marienkrankenhaus auf Postkarten (Teil I),
2/ Das St. Marienkrankenhaus auf Postkarten (Teil II).