Das St. Marienkrankenhaus auf Postkarten (Teil V)
Stiche, auf denen verschiedene Orte abgebildet sind, können genauso interessant sein wie Fotos oder Postkarten. Ich war schon immer neugierig, inwieweit diese besondere Form dem Original entspricht.
Der Komplex des St. Marien-Krankenhaus zu Danzig. Ein postkartenähnlicher Stich, der das gesamte Gebäude aus der Vogelperspektive darstellt. Die Straßenbahn mit dem deutlich gezeichneten Stromabnehmer lässt auf das frühe 20. Jahrhundert schließen. Graf Zeppelin hat Danzig in der Zwischenkriegszeit mehrmals besucht – aber das hier ist definitiv später entstanden. Vielleicht war der Autor dieses Stichs Passagier in einem Ballon und skizzierte, was er sah.
Aber kommen wir zurück zum Stich selbst und zu dem, was wir auf ihm sehen können. Auf der Vorderseite der Postkarte links ist der bereits erwähnte Straßenbahnwagen zu sehen, der am Uphagenhof und an der Kirche, die im englischen neugotischen Stil erbaut wurde und einen hohen Turmabschluss besitzt, vorbeifährt. In der Mitte zwischen den Gebäuden befindet sich ein Park mit schöner Bepflanzung und einer stehenden Heiligenstatue – heute wissen wir, dass es sich um die Figur des Heiligen Josef handelt. Wenn man sich weiter links hält, kann man in der oberen Ecke einen zweistöckigen Gebäudekomplex erkennen.
Dies ist ein Teil der Königlichen Gewehrfabrik. Darunter ein zweigeschossiges Haus mit Mansardenfenstern. Dies sind die Wohnungen der Borromäerinnen, die das Krankenhaus der Heiligen Jungfrau Maria leiteten. Oben kann man den Sockel des Schornsteins sehen, der zur Wäscherei des Krankenhauses gehörte. Daneben befindet sich die Grotte, die Herr Braun nach dem Vorbild der Grotte Unserer Lieben Frau von Lourdes gebaut hat. Das heißt, es ist bereits das Jahr nach 1904. Hier hat der Künstler das tatsächliche Bild nicht sehr genau wiedergegeben, da er die Reihenfolge der Gebäude vertauscht hat. Der Schornstein der Wäscherei sollte sich vor der Grotte befinden, nicht in der Tiefe (diesen Zustand kann man mit eigenen Augen sehen, wenn man den Park des heutigen Hotels Arche und des ehemaligen Krankenhauses besucht).
Weiter hinten sehen wir das Gebäude, das damals das Waisenhaus beherbergte, das ebenfalls von den Borromäerinnen betreut wurde. Im Vordergrund ist der gesamte Gebäudekomplex des Krankenhauses zu sehen, beginnend mit dem bereits erwähnten Uphagenhof auf der linken Seite und endend mit den Gebäuden, in denen die Leichenhalle des Krankenhauses untergebracht war. Hier ist deutlich zu erkennen, wie sich das Krankenhaus mit zunehmender Dynamik ausdehnt und wächst. Die nachfolgenden Gebäude werden immer höher und höher.
Im Gegensatz dazu ist der Zaun vor dem Krankenhaus seltsam dargestellt. Die Positionierung der Pfosten lässt vermuten, dass es drei Haupteingänge geben sollte, darunter einen, der zum Uphagenhof führt. Einer davon führt jedoch zu… einem Fenster. Der Haupteingang hingegen ist weiter weg. Und die Realität ist anders. Dieser Haupteingang liegt eigentlich näher am Uphagenhof. Vielleicht wurde er zu einem späteren Zeitpunkt angelegt. Andererseits ist er auf Fotos zu sehen, die etwa zur gleichen Zeit aufgenommen wurden. Dennoch ist der Stich, der von einem unbekannten Künstler angefertigt wurde, reizvoll, und dank ihm können wir uns in die Vergangenheit begeben und bei einem Spaziergang den heutigen Zustand des Komplexes des ehemaligen Krankenhauses der Heiligen Jungfrau Maria vergleichen, wozu ich Sie sehr anrege.
Die Postkarte wurde am 1. Mai 1916 in Danzig geschrieben. Sie war an Fräulein Soharnetzki (?) adressiert und wurde nach Eichwalde in Brandenburg, Deutschland, geschickt.
Der Herausgeber der Postkarte war Alois Arke, ein Fotograf aus Danzig, der sein Geschäft auf dem Kohlenmarkt betrieb. Die Nummer dieser Postkarte – 623 – ist in der rechten unteren Ecke angegeben.
Die hier vorgestellte Original-Postkarte stammt aus der Sammlung der Geschichtserzähler der Niederstadt in Danzig.
Autorin: Elżbieta Woroniecka.
Übersetzung – Andreas Kasperski.
Lesen Sie auch:
1/ Das St. Marienkrankenhaus auf Postkarten (Teil I),
2/ Das St. Marienkrankenhaus auf Postkarten (Teil II).
3/ Das St. Marienkrankenhaus auf Postkarten (Teil III).
4/ Das St. Marienkrankenhaus auf Postkarten (Teil IV).