Der älteste Bewohner der Hirschgasse (Sempołowska)

Bei neuen Häusern ist eine solche Situation nur schwer vorstellbar. Aber bei Gebäuden, die seit 25, 50, 100 und manchmal noch mehr Jahren stehen, gibt es fast immer jemanden aus diesem Haus, vielleicht jemanden, der im Haus nebenan wohnte, oder vielleicht nur einen Passanten. Jeder dieser Menschen wird sich vielleicht im Geiste diese Fragen stellen:

Wer vor dem Krieg in diesem Haus gelebt hat… Ich frage mich, wie die damaligen Bewohner aussahen… Ich frage mich, wie viele es waren… Ich frage mich, ob sie allein oder mit ihren Familien gelebt haben… Ich frage mich, ob sie für kurze oder lange Zeit hier gelebt haben… Ich frage mich, wann sie ausgezogen sind und wohin… Und ich frage mich, wer an ihrer Stelle gekommen ist…

Es ist sehr schwierig, Antworten auf all diese Fragen zu finden. In den meisten Fällen ist das unmöglich. Aber es gibt Ausnahmen.

Die heutige Stefania-Sempołowska-Straße hieß vor dem Krieg Hirschgasse. Die ursprüngliche Nummerierung der Häuser war nicht ganz mit der heutigen vergleichbar. An der Stelle, an der heute der doppelte Lebensmittelpavillon steht, befand sich ein Gebäude, das der Weidengasse (Łąkowa) zugeordnet war. Sein Fragment ist im Vordergrund rechts auf einer Postkarte eines unbekannten Herausgebers zu sehen, die im März 2020 ausführlich beschrieben wurde. In derselben Reihe befanden sich ursprünglich nur die Nummern 2. und 3. Und dann… gab es auf der Südseite keine Häuser mehr. Von der Bastion Ochs ausgesehen, befand sich auf der anderen Seite der besagten Straße ein Haus mit den Doppelnummern 4/5 (es hat die Kriegswirren nicht überlebt), und andere wuchsen, bis zu Hausnummer 16. Letzteres stand jedoch nicht an der Ecke Hirschgasse/Weidengasse, denn davor befand sich, wie im vorigen Fall, ein Mietshaus in der Weidengasse (zunächst mit der Nummer 25, später 48). Erst bei der nächsten Erweiterung des Bezirks wurde die Nummerierung geändert. Und so erhielten die Häuser auf der einen Seite die Nummern von 1 bis 8 (wie Sie sehen können, wurden fünf neue Gebäude hinzugefügt), und auf der anderen Seite von 9 (früher 4/5) bis 21 (früher 16).

Um die Fakten zu ordnen: Ursprünglich wurde das Haus mit der Nummer 7. genau gegenüber der künftigen Hausnummer 6. gebaut. Nach der Umnummerierung wurde daraus die Nummer 12. und ist bis heute die Nummer 12. geblieben.

In den Jahren 1895-96 lebten 10 Personen im Haus Hirschgasse 7 (heute Sempołowska 12). Unter ihnen waren zwei Schlosser, ein Leutnant, eine Witwe und ein Verkäufer. Der Name des letzteren war Bruno Marschalk. In späteren Adressbüchern aus dem 19. Jahrhundert findet sich leider keine Spur mehr von dieser Person in dieser Straße. Aber wenn er ein Verkäufer war, könnte er in eine andere Stadt gezogen sein (und wir werden Ihnen gleich sagen, wo er gefunden wurde…). Vielleicht aus einem ähnlichen Grund ist er auch nicht im früheren Adressbuch von 1890 aufgeführt. (und wir haben nur Zugang zu den beiden, die uns am meisten interessieren). Es gibt jedoch etwas, das im August 1892 geschah. Bruno Marschalk kam im Sommer in das Fotogeschäft von Robert Grosse in der Ketterhagergasse 5 (Zbytki) und liess sich dort ein Porträtfoto anfertigen. Dann schenkte er es einem Freund als Souvenir und signierte es mit A. Ruttke. Und fast 130 Jahre später fand dieses Foto seinen Weg in die Sammlung der Geschichtserzähler.
Dank einer glücklichen Verkettung von Ereignissen können wir also allen Bewohnern der Niederstadt, insbesondere natürlich den Bewohnern der Sempołowska-Straße 12, das Gesicht unseres/ihres Nachbarn zeigen, der vielleicht Ende des 19. dort lebte.

Aber die Geschichte von Bruno Marschalk ist damit noch nicht zu Ende.
Im Herbst 1900, im Danziger Kurier: Kleine Danziger Zeitung für Stadt und Land: Orgel für Jedermann aus dem Volke. Jg.19, Nr. 278 (28. November 1900) erschien auf Seite vier eine von Bruno Marschalk unterzeichnete Anzeige.
Es war eine Einladung zu einem Konzert. Zu einem Konzert im Hotel Carlshof in Oliva. Und wer berichtet heute am besten über das Vorkriegs-Oliva? – Das Portal Dawna Oliwa. Und in diesem Bezirk finden wir am ehesten unseren Nachbarn aus der Sempołowska-Straße. Im Internet unter dem Stichwort Karlshof – Spacerowa Straße 16b kann man u.a. lesen

(…)
Der nächste Besitzer nannte das Gut „Karlshof” und eröffnete dort 1881 ein Hotel mit Restaurant. Im Jahr 1890 erweiterte er das Herrenhaus um einen Anbau an der Nordwestseite, der nicht zum Herrenhaus gehörte. Um 1897 war das Hotel im Besitz von Bruno Marschalk.
(…)

und in der Köllner Chaussee (Spacerowa) 16b wird ein Gasthaus erwähnt:

(…)
Eigentümerin:
1899 – Bruno Marschalk. Villa Gommer.
Von etwa 1905-1931 – Reinhold Zappe
1933 – Marie Gottwald
1934-1939 – Marie und Otto Gottwald
1940-1942 – Otto Gottwald

(…)

Wenn das kein Zufall ist, scheint es, dass unser Bruno Marschalk aus der Sempołowska in der Niederstadt um die Jahrhundertwende nach Oliva zog.

Autor des Textes: Jacek Górski.
Autor der Fotos: Elżbieta Woroniecka.
Übersetzung – Andreas Kasperski.

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1 Odpowiedź

  1. Fotografia pisze:

    Rewelacja z tym zdjęciem!

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