Der wilde Büffel

Herr Wachmeister. Mit eigenen Augen und Ohren habe ich es gesehen. War schließlich persönlich mitten im Geschehen dabei. Ich erzähle es Ihnen wie bei einer Beichte. Ich werde Ihnen, Herr Kommissar, nichts verheimlichen, denn heute noch sehe ich dieses furchterregendes Ereignis vor meinen Augen. Es war so.

Da sitze ich gerade vor der Garage meines Kollegen – Adolfchen Hepe- und warte geduldig bis er mit den von seiner Liebsten frischgebackenen leckeren Brötchen antanzt. Die Sonne brennt traumhaft. Irgendwo zwitschert im Baum ein Vögelchen. Eine Katze sitzt am Zaun und sonnt sich. Die Wäsche trocknet an der Leine. Die Kinderlein spielen auf der nahgelegenen Wiese. Bis da auf einmal um die Ecke ein Stier mit roten Augen-so riesig wie ein Danziger Schrank- hervorspringt. Was sage ich da? Wie zwei Danziger Schränke! Mit dunklem Schaum aus dem Maul triefend wedelt er mit dem Schwanz wie eine Windmühle und von einem Fuß auf den anderen tretend stößt er mit seinen Hörnern auf das Kopfsteinpflaster. Die Kinder hauen schreiend ab, die Katze stellt ihr Fell auf, der Vogel ist längst weggeflogen und ich….weiß nicht, was ich machen soll? Können Sie es glauben? … Abhauen oder wie eine Salzstange stehenbleiben? – vielleicht sieht mich das Biest dann nicht. Leider doch nicht – es hat mich bemerkt und los rennt es wie der Teufel mit Weihwasser bespritzt auf mich zu. Und meine Füße versagen. Ich will weglaufen und nichts passiert. Und er kommt immer näher. Und was mache ich, Herr Wachmeister? …anstatt wegzurennen, denke ich mir: das hast Du jetzt davon, Georgchen. Anstatt in Tiegenhof sitzenzubleiben schwenkst Du jetzt deine Gebeine um dein Leben wegen des hörnigen Ostseebiests.

Dziki buhaj - artykuł z "Gazety Gdańskiej, gazety Morskiej" z 1 sierpnia 1929 rokuLetztendlich als ich fast schon den Dampf seiner Nase auf meinen Backen spüre, springe ich mit meinen letzten Kräften auf, fange mit den Füssen baumelnd – wobei ich die ebenso wie ich erschrockene Katze verjagte – eine Eisenstange, die aus der Mauer heraussteht und ziehe mich an ihr hoch. Das wahnsinnige Biest hat mich dann doch fast erwischt und mich aus Rache an der Wade verletzt, doch glücklicherweise ist ein Stier kein Hase und kann nicht so hoch springen wie ich. Und das eben rettete mir – Gott sein Dank- das Leben. Das irritierte Tier blieb am Zaun stehen und gaffte mich mit seinen roten Augen an. Der Lärm und das Geschrei erreichten dann doch meinen Kumpel Adolfchen, der nachdem was er von den Kindern hörte kaltes Blut bewahrte, den Porzellanteller mit dem Gebäck auf den Boden fallenließ, von Zuhause sein Schiessgewähr holte, noch schneller zurück am Ort des Geschehens in der Nähe des Biests war und nach dem Zielen zwei präzise Schüsse auf das Biest abfeuerte. Mit beiden hat es getroffen. Der Stier ist todumgefallen und hat seinen letzten Atemzug jammernd von sich gegeben. Und ich armer konnte dann zitternd und mit blutendem Bein auf die Erde zurückspringen. Gnädiger Herr, so eine Angst wie ich sie hatte erlebte niemals ein Patient in meiner Zahnarztpraxis. Die Hose zerrissen, das Gesicht mit Ziegelstaub beschmiert wie bei einem Apachen. Die Brille gebrochen. Die Haare standen mir noch lange danach zu Berge. Und wie Sie sehen, habe ich nicht viele davon. Und die Hefebrötchen tun mir leid, weil ich keins davon probiert habe. Alle landeten im Sand …durch den… den Teufel mit zwei Hörnern. Zum Glück stellten mich einige Schlübberchen Machandel wieder auf die Beine. So ein gefährliches Abenteuer, Herr Inspektor, erlebte ich in der Niederstadt. Und die ganze Sache ereignete sich vor 97 Jahren.

Ein entsprechendes Artikel zu diesem Thema wurde in der 149 Ausgabe der Danziger Zeitung auf Seite 4 am 1 August 1929 veröffentlicht.

von Jacek Górski.

ÜbersetzungAndreas Kasperski.

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