Die alte Schule mit Geheimnissen war auch meine Schule
Den Unterricht in dieser Schule, in der Klasse 1B, begann ich am 1. September 1959. Weiße Bluse, dunkelblaues Plisseeröckchen, weiße Strümpfe und Zöpfe mit riesigen Schleifen.
Das Gebäude und seine Umgebung machten in der Tat einen unvergesslichen Eindruck. Auf dem Gehsteig vor dem Eingang befanden sich rätselhafte Zahlen. Jeder von uns hat eine andere Idee gehabt, was diese bedeuten könnten. Wie enttäuschend es war, als wir erfuhren, dass es das Entstehungsjahr der Schule sein soll. Die Zahlen wurden aus weißem Marmorsteinen gepflastert. Gerne hätten wir Mädels diese Steinchen für unsere Spiele herausgebuddelt, doch der Hausmeister passte immer auf.
Ins Innere der Schule führte eine riesige Tür mit wunderschönen Beschlägen und einer riesigen Klinke. Dahinter eine unglaublich breite Treppe und bis zum Himmel hoher Corridor. Wir sagten immer: wie in einem Schloss. Wie diese Treppe unsere Fantasie anregte und uns auf wie viele Spielideen brachte, wissen nur wir! Diese Schule hatte einfach alles, was man als Schüler braucht.
Eine Küche mit Mensa und Toiletten im Untergeschoss.
Im Erdgeschoss waren die Räume für die Klassen von 1-3. Dort befand sich auch der Raum für den Handarbeitunterricht und darin Vitrinen mit unseren Arbeiten… Ein wichtiger Raum war auch die Bibliothek. Dort lieh ich mein erstes Buch aus: „Przygody Pimpusia Sadełko”. Hier gleich an der Tür befand sich auch die Schulglocke, die vom Hausmeister, Pan Jarzębowski, bedient wurde. Er wohnte mit seiner Familie ganz oben und war somit immer und überall.
In den höheren Etagen unterrichtete man die Klassen 4-8. Ich erinnere mich an Polnischunterricht und die Grammatikregeln, die uns an den Tafeln erklärt wurden (solche aus Pappe zum zusammenklappen mit Bändern), an den Unterrichtssaal für Geschichte mit den Portraits polnischer Könige, und an den Saal für Russischunterricht mit dem komischen, russischen Alphabet an der Wand. Der Biologiesaal war voller Grünpflanzen und Exponate. Dort thronte ein riesiges Aquarium und Herr Jankowski. In der ersten Etage befand sich auch die Schulkanzlei und Sekretariat mit Frau Kaspera, und das Lehrerzimmer. In der zweiten Etage war der Unterrichtssaal für Erdkunde, in dem wir durch Polen und die ganze Welt reisten. Der Mathematiksaal mit Rechenregeln, geometrischen Figuren und der zerbrechlichen Frau Lewakowska. Und natürlich die zwei Unterrichtsräume, die für die meisten Emotionen sorgten, nämlich für Chemie und Physik, mit ihren Gasbrennanlagen. Bei den zu durchführenden Experimenten beachteten wir nicht immer die Sicherheitshinweise. Und schliesslich das Arztzimmer, in dem wir geimpft, gemessen, gewogen, notfalls auch medizinisch versorgt und nach Sauberkeit untersucht wurden. Zum Zahnarzt gingen wir dagegen in die Schule Nr. 5, in die Barbaragasse.
Ganz oben befand sich die Aula mit riesigen Bogenfenstern, einer Bühne und Backstage wie im Theater. Was für Veranstaltungen dort stattfanden, Partys, auch Ballettkurse. Da oben gab’s ja auch den Pfadfinderraum.
Neben der großen riesigen Treppe, gab es dort auch eine schmale Wendeltreppe, die von ganz unten nach ganz oben führte. Diese Treppe durften wir nicht betreten. Wie aufregend es doch war, diese Abkürzung doch zu nutzen. Zum Sportunterricht gingen wir rüber in die Badeanstalt, wo es eine sehr gut ausgestattete Turnhalle gab. Auf dem Fußballplatz draußen spielten wir anfangs im Schatten der Linden und später fanden dort unsere ersten Liebesverabredungen statt. Zum Sportplatz führte der Ausgang mit der so genannten Kulttreppe, auf der sich alle Klassen nach dem Schulabschluss ablichten ließen.
Wir waren damals ziemlich viele in der Klasse, schließlich waren wir aus dem Jahrgang des demographischen Zuwachs. Wir waren der erste Jahrgang, bei dem die achtjährige Grundschule eingeführt wurde. Unsere Schule Nr.3 zog uns aus unseren Häusern, von unseren Spielplätzen, Innenhöfen heraus und gab die Möglichkeit, das Neue kennenzulernen, sie erweckte in uns das Interesse an der großen weiten Welt.
Wie schön, dass man dank der Geschichtserzählen der Niederstadt zu den alten Zeiten zurückkehren kann…
Ich grüsse alle – Textautorin – Wanda Siwonia.
Übersetzung – Andreas Kasperski.