Die Fleischergasse auf Postkarten (Teil I)
Im Falle einiger seltener Postkartenaufnahmen erfreuen wir uns an ihnen, auch wenn sie kleinere oder größere Schäden oder Verluste aufweisen. Dies war zum Beispiel bei der Ansicht des Trumpfturms vom Thornscher Weg aus der Fall. Die Postkarte hat in über 100 Jahren zwei ihrer vier Ecken verloren. Aber sie ist immer noch eine der wertvollsten in unserer Sammlung.
Ein ähnliches Schicksal erlitt eine Postkarte aus der Fleischergasse, der heutigen Rzeznicka-Straße. Auch sie hat zwei Ecken verloren (übrigens genau die beiden linken) – vielleicht durch Überbrennen, wie der braune Fleck auf der Rückseite zeigt, oder durch Feuchtigkeit.
Darüber hinaus wird ein Teil der Ansicht durch vier Briefmarken verdeckt, die an den vier Ecken der Postkarte angebracht sind. Aber auch trotz dieser Hindernisse ist es möglich, eine Seite der fraglichen Straße näher zu betrachten. Und einen Teil davon genau zu identifizieren.
Als Anhaltspunkte dienen die Schilder einer Hebamme namens Brzszczowski und eines Schlossers namens Groß. Das erste Schild in Form einer hellen Tafel mit dunklen Buchstaben ist sehr deutlich über dem Eingang eines der Stadthäuser zu sehen. Der zweite ist sehr leicht zu erkennen, da er an einem weithin sichtbaren Schlüssel hängt, der an einer ornamentalen Metallkomposition befestigt ist, die oben mit einer Plakette mit dem Namen des besagten Handwerkers versehen ist. Wir sind daher mehr als sicher, dass das hier erfasste Haus die Nummer 23 hatte und an der Ecke Fleischer- und Trinitatiskirchengasse stand. Derzeit gibt es an diesem Standort eine Herberge. Ergänzend sei angemerkt, dass der betreffende Schlosser Wilhelm hieß und Eigentümer des gesamten Gebäudes war.
Da wir das erste der Gebäude auf der Karte von Danzig aus der Vorkriegszeit ausfindig machen konnten, wurde klar, dass der Fotograf unter anderem das Gebäude der St. Trinitatiskirche und das heutige Nationalmuseum hinter sich hatte, als er dieses Bild aufnahm. Und mit dieser Aufnahme hat sich der Blick auf die Fleischergasse in Richtung Vorstädtischer Graben (Podwale Przedmiejskie) für immer in sein Gedächtnis eingebrannt.
Ein weiteres Aushängeschild, das ins Auge fällt, ist die Wagenfabrik. In der Fleischergasse (Rzeźnicka), von Hausnummer 18 bis 22, befand sich viele Jahre lang die Karosseriefabrik von Paul Julius Hybbeneth – ein Unternehmen mit einer Tradition, die wahrscheinlich eine eigene Studie verdient. Laut Adressbuch von 1922 befanden sich unter den Nummern 19/20 Werkstätten und unter der Nummer 21 das Büro dieser Fabrik. Bitte beachten Sie, dass an der Wand eine Informationstafel angebracht ist und über der Tür eine Silhouette, die an eine Kutsche oder ein ehemaliges Automobil erinnert, angebracht ist.
Dies ist das Ende der spezifischen Angaben zu dieser Fassade. Je näher man in Richtung Vorstädtischer Graben schaut, desto unklarer wird das Bild. Aus Neugier kann man aber auch hinzufügen, dass sich unter der Hausnummer 15/16 ein Geschäft mit zwei Schaltern von Herrn Paul Hoppenrath befindet und dass die Gebäude 12/13/14 demselben Eigentümer gehörten, nämlich dem Architekten und Baumeister Arthur Herzog, der sein Büro in der Brandgasse 21 betrieb. Diese Straße ist auf modernen Karten nicht verzeichnet. Sie befand sich auf der Speicherinsel und ihre Verlängerung in der Niederstadt war die Reitergasse (Ulanska-Straße). Diese Straße wurde in einem Artikel erwähnt, der ein Foto aus der Vorkriegszeit mit Mietshäusern auf der Speicherinsel beschreibt.
Die Rückseite zeigt die Aufschrift Ch. L. und B. Nr. 727. Mehrere andere Postkarten eines Verlegers, die mit eben diesen Buchstaben signiert sind, sind uns nicht mehr fremd. Charles Lehmann (denn er ist es, auf den hier Bezug genommen wird) tauchte erstmals im Januar 2016 in der Beschreibung einer Postkarte mit den Milchkannen auf. Sie trug die Nummer 692 W. Im April 2019 erschienen zwei weitere Postkarten mit den Milchkannen aus demselben Verlag, eine mit dem Symbol Ch. L. und B. 745 B und die andere 745 D. Im Februar 2021 hingegen kehrten diese Initialen mit einer Postkarte Nummer 753 zurück, mit Blick auf Mattenbuden.
Die Original-Postkarte im Umlauf (auf den Briefmarken ist das Datum 17. Mai 1922 eingestempelt), aber ohne Inhalt auf der Rückseite, stammt aus der Sammlung der Geschichtserzähler der Niederstadt in Danzig.
Autor des Artikels: Jacek Górski.
Übersetzung – Andreas Kasperski.