Eisen- und Stahlwarengrosshandlung am Steindamm
Heute kann man es sich schwer vorstellen, aber es gab so eine Zeit in der Geschichte der Niederstadt, in der die Ecke Steindamm/Reitergasse bebaut war. Genau an dieser Ecke stand der Fotograf, dessen Bild als Postkarte wir im Dezember 2016 beschrieben haben.
Mattenbuden reichte bis zur Kreuzung mit den Häusern Nr. 36,37 und 38. Und auf der anderen Seite begann der Steindamm mit den Hausnummern 1, 2, 3.
Unter der Anschrift Steindamm 2 funktionierte einige Dekaden lang die Firma M. Broh. Eisenwarenhandlung, Stahlwaren Großhandlung. Doch fangen wir von vorne an.
Die Firma wurde im Jahre 1871 gegründet. Ihren Eintrag konnte man somit im ersten Danziger Adressbuch von 1876 sehen. Und zwar unter der Adresse: Vorstädtischer Graben 21 , Michaelis Broh – Stangen- und Roheisenhändler. Und genau auf der gegenüberliegenden Seite der Straße, im Haus mit der Nummer 53 befand sich die offizielle Vertretung und des Geschäftsbüro der Firma. Wenn wir es auf der heutigen Karte suchen sollten, dann wäre es so ungefähr zwischen den Straßen Poggenpfuhl und Fleischergasse, ungefähr in der Mitte zwischen den beiden Straßen. Zwei Jahre später stand die Firma nur noch unter der einen Adresse: Vorstädtischer Graben 50. Sie funktionierte noch bis 1907, aber in der Zwischenzeit muss es zu deutlichen Veränderungen in der Firma gekommen sein. Im Jahre 1898, in der gleichen Straße und unter der gleichen Anschrift, erschien der Kaufmann Julius Broh und der Vorname Michaelis in Verbindung mit dieser Firma zum letzten Mal. Im Jahre 1899 wurde der eben erwähnte Julius schon als Eigentümer eingetragen und der Name Michaelis verschwand aus dem Buch. Firma funktionierte seitdem nur noch unter dem Namen M. Broh. In den Jahren 1900-1905 steht da als Michael bzw. Michaelis Broh nur ein Rentier aus Vorstädtischer Graben. Man kann vermuten, dass der frühere Inhaber seinen Großhandel in gute Hände übergeben hatte, möglicherweise an den Sohn, und selbst nur noch von den Zinsen seines früheren Kapitals lebte. Um die Tradition der Firma aufrecht zu erhalten blieben seine Initiale bestehen. Im Jahre 1907 wurde Julius zum rechtmäßigen Inhaber des Gebäudes am Vorstädtischen Graben 50. In der Minimum 30-jährigen Geschichte der Firma unter dieser Adresse veränderte sich dann auch leicht die Beschreibung des Sortiments
Im Jahre 1909 kam es zu einer für uns wichtigen Veränderung. M. Broh zog um in Steindamm 2, um dort weitere 30 Jahre zu funktionieren.
In den Adressbüchern aus den dreißiger Jahren (und in einigen früheren auch) veröffentlicht der Mann eine etwas ausgebaute Beschreibung der Firma und ihres Sortiments.
Lager mit Stahl, Eisen, Trägern, Blechen, Röhren, Drahtstiften und allen groben Eisenwaren.
Noch genauere Informationen liefert uns das „Jahrbuch für Polnische Industrie und Handel” („Rocznik Polskiego Przemysłu i Handlu”) aus dem Jahre 1936, herausgegeben in Warschau.
Julius Broh besaß in Danzig nicht nur die besprochene Firma, sondern auch Grundstücke am Steindamm 1-3 und in der Reitergasse 1-3, wahrscheinlich bis zu den Jahren 1937-1939, in denen der Großhandel aufgehört hat zu existieren.
Woher solche Sicherheit? Alle Adressbücher aus der besprochenen Zeit deuten darauf hin, dass genau er die vorher erwähnte Funktion in der Firma übernahm. Erst in den Adressbüchern aus den Jahren 1940 bis 1942 findet man die Firma nicht mehr. Und unter der Adresse am Steindamm erscheint ein neuer Eigentümer, Arthur Perlich aus der Weidengasse 16 . Der Name erschient übrigens schon früher im Zusammenhang mit den Krupp-Fahrzeugen von der Firma Ibewag.
Julius selbst zog in den früheren 30 Jahren auch mehrmals um. Erst kümmerte er sich um das Geschäft vom Vorstädtischen Graben 50, nach 1920 wohnte er schon in der Rennerstiftgasse 1, im Jahre 1933 im Jäschkentaler Weg 34 und anschließend zog er nach Zoppot, wo er erst in der Schäferstraße 30 und später in der Hubertusallee 24 wohnte.
Man sollte auch ein Detail in der Geschichte der Familie Broh beachten, nämlich dass der Michael(is) Broh wahrscheinlich in der ersten Hälfte der zwanziger Jahre gestorben sein muss. Von 1924 ab kommt sein Name in den Adressbüchern nicht mehr vor.
Noch zurück zu der Firma am Steindamm 2. Im Staatsarchiv Danzig sind Akten der Baupolizei erhalten geblieben, betreffend Steindamm 1 und Steindamm 2. Dadurch können wir eine Zeitreise machen zum Beginn des 20. Jahrhunderts und uns den Sitz der Firma M. Broh Eisen – Stahlwaren Großhandlung ansehen.
Auf den Bildern können wir den Kran an der Lagerhalle sehen, die Einfahrtstore, die genaue Ansicht des schicken Hausgebäudes, die Front einer Lagerhalle, ein Fragment des Zauns um den Lagerplatz auf der anderen Straßenseite, zum rechten Mottluufer hin und den Füssgängereingang im Zaun.
Zum Schluss noch eine Besonderheit in Bezug auf den Senior der Familie Broh. Das Jahr 1871 war für Michael nicht nur dadurch besonders, dass er die Firma gründete, sondern auch dadurch, dass er sich mit Friederike Rosenfeld aus Marienwerder verlobte. Er verkündete es der ganzen Welt mit einer Anzeige in einer Posener Zeitung.
Text: Jacek Górski.
Übersetzung – Andreas Kasperski.
Der Original-Firmenumschlag stammt aus der Sammlung der Geschichtserzähler. Weitere Grafiken stammen aus dem Staatsarchiv Danzig (Archiwum Państwowe w Gdańsku Wałowa Str. 5. Numer jednostki w Archiwum Państwowym: 6/3774
Jednostki aktowe: 10/15/0/-/2274 i 10/15/0/-/2275).
Der Herausgeber der Postkarte ist Karl Altmann (Berlin Friedenau) in der rechten unteren Ecke sieht man die Seriennummer 875/9
Die Firmenanzeigen stammen aus den Adressbüchern der Jahre 1927 und 1937-1938
Die Verlobungsanzeige aus der „Posener Zeitung”. Jg.74 [i.e.78], Nr. 360 (4 August 1871).