Gedenktafel in Langgarten
Bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs gab es im Danziger Stadtraum mindestens 23 verschiedene Gedenktafeln. Die meisten von ihnen wurden in der Zwischenkriegszeit geschaffen und standen im Zusammenhang mit dem Gedenken an die gefallenen Einwohner während des Ersten Weltkriegs. Vor 1914 hingegen ehrten die Tafeln, von denen insgesamt 11 in der Stadt angebracht wurden, Persönlichkeiten, die sich auf dem Gebiet der Wissenschaft, der Kultur, der geografischen Entdeckung oder der Wohltätigkeit einen Namen gemacht hatten. Mit einer Ausnahme.
Von diesen 11 Tafeln war eine einem Politiker und Herrscher gewidmet. Es handelt sich um die Gedenktafel für Wilhelm I. aus dem Hause Hohenzollern (1797-1888), König von Preußen (ab 1861) und zugleich erster deutscher Kaiser aus dem Geschlecht der Hohenzollern (ab 1871), also während des Zweiten Reiches.
Die Gedenktafel wurde 1897 an einem Haus in der heute nicht mehr existierenden Długie Ogrody (Langgarten)-Straße mit der Nummer 33 enthüllt und vom St.Barbara-Kirchenverein finanziert. Die Gedenktafel trägt die lakonische Inschrift: „Hier wohnte Wilhelm der Große im Jahre 1806”.
Der letzte (langjährige) Eigentümer des Hauses in Langgarten 33 war in der Zwischenkriegszeit der Baumeister und Inhaber des wohlhabenden und bekannten Bauunternehmens Albert Falk. Unter den Realisierungen seiner Firma ist vor allem der berühmte so genannte Falkhof zu nennen, ein modernes, charakteristisches Wohngebäude in Schidlitz/Siedlce mit einem großen Innenhof (gebildet durch den ersten Abschnitt der heutigen Tarasy-Straße).
Doch zurück zur Gedenktafel selbst. Woher kam Wilhelm Hohenzollern, der spätere deutsche Kaiser, zu Beginn des 19. Jahrhunderts nach Langgarten? Damals war er erst neuneinhalb Jahre alt, ein Junge. Mehr noch, er kam mit seinen beiden Geschwistern hierher.
Der Aufenthalt von drei Kindern der preußischen Herrscher in Danzig stand im Zusammenhang mit der Niederlage der Preußen in den Schlachten gegen Napoleons Armee bei Jena und Auerstedt (14. Oktober 1806). Infolgedessen wurde die königliche Familie aus Berlin nach Osten evakuiert.
Wilhelm gelangte am 26. Oktober 1806 nach Danzig, zusammen mit seinem Hauslehrer Delbrück und seinen beiden Brüdern: dem älteren, dem damaligen Kronprinzen Friedrich Wilhelm (1795-1861; ab 1840 als Friedrich Wilhelm IV. König von Preußen) und dem jüngeren Karl (1801-1888; nie König). Wilhelm wohnte in dem Gebäude, an dem die Gedenktafel 1897 angebracht wurde, zusammen mit Friedrich Wilhelm (es war die Wohnung des damaligen Kriegsrats Bieber). Der jüngste der Brüder, der bereits erwähnte Karl, war ganz in der Nähe untergebracht, in einem Gebäude in derselben Straße, aber bei dem Kaufmann Wendt.
Die drei jungen Hohenzollern verließen Danzig am 8. November 1806 und reisten über Elbing und Königsberg bis nach Klaipeda.
Autor des Textes – Jan Daniluk.
Übersetzung – Andreas Kasperski.
Die Presseankündigung stammt aus der „Danziger Volksstimme” – Nummer 98 vom 27. April 1929. Die Informationen über die Gedenktafel stammen aus dem Adressbuch von 1920 (Seite 996).