Kleiner Jacek

Am 8 März 2016 wurden in unserer roten Straßenbahn, anlässlich der Feierlichkeiten zum Internationalen Frauentag, 20 Porträts von Frauen aus der Niederstadt ausgestellt. Nachdem die Ausstellung gegen Jahresende ausgetauscht wurde, landeten die im Großformat ausgedruckten Bilder im Lager der Geschichtserzähler. Als ich genau gestern die interessante Sammlung durchstöberte, nahm ich in die Hand das Bild, auf dem man meine Oma, Janina Ceglińska und mich auf ihrem Arm in der Jaskółcza Str. (dt. Große Schwalbengasse) sieht.

Es war 1971. Auf dem Bild bin ich gerade einige Monate alt. Vielleicht war es mein erster Spaziergang durch die Niederstadt. Das Bild wurde wahrscheinlich von unserem Nachbarn gemach. Vielleicht wurden die zwei weiteren Porträts im Kinderwagen, die ich im Familienalbum habe, während des selben Ausgangs gemacht. Auf einem Bild schlafe ich brav, auf dem anderen schreie ich zum Himmel. Leider bis auf den Gehsteig im Hintergrund sieht man auf keinem der Bilder etwas von der Bebauung unseres Viertels und am Gehsteig alleine kann man ja nur schwer erkennen, welcher Ort oder welche Straße es war.

Mit dem Großporträt gibt es dagegen keine solchen Probleme. Es ist in der Große Schwalbengasse (poln. Jaskółcza) auf der Höhe der Apotheke gemacht worden. Kopfsteinpflaster. Im Hintergrund sieht man die Umrisse der „gelben” Kaserne, Wohnhäuser in der Schilfgasse (poln. Szuwary) und ein freistehendes Haus mit Eingang in der Mittelgasse (poln. Dolna). Auch wenn der Hintergrund etwas „verschmiert“ ist, ein achtsames Auge erkennst alles problemlos. Und das Auge eines Geschichtserzählers ist ja besonders aufmerksam auf das, was im Hintergrund steht.

Wer konnte es vor 46 Jahren ahnen, dass da gerade in der Weidengasse einer der künftigen Geschichtserzähler und ein lokaler Stadtführer durch dieses und nur dieses Viertel aufwächst…

Autor und Bildhauptdarsteller zugleich: Jacek Górski.

Übersetzung – Andreas Kasperski.

[mappress mapid=”135″]