Langgarten auf Postkarten (Teil IV)
Wie mögen die Passanten reagiert haben, als vor etwa 110-115 Jahren ein Automobil auf der Straße auftauchte? Sicherlich würden alle plötzlich stehen bleiben und dieses Ding auf vier Rädern ohne Pferd auf der Straße anstarren… Auf der vorliegenden Postkarte ist die Situation dagegen völlig anders. Niemand achtet auf ein Auto, das durch Langgarten fährt. Man könnte noch mehr sagen – wahrscheinlich würde ein solches Auto, das in Mattenbuden einbiegt, heute viel mehr Emotionen hervorrufen als in den frühen 1920er Jahren. Stimmen Sie einer solchen These zu… Oder vielleicht wurde dieses Auto (man sieht genau das hervorstehende Element von der Motorhaube) mit dem Fahrer auf der rechten Seite und einem Beifahrer einfach nur geschickt auf ein Foto mit einer leeren Straße geklebt…. Solche Praktiken waren zu dieser Zeit sehr beliebt.
Die Passanten achteten nicht auf das Auto, aber wir schon… und zwar auf die Straße.
Rechts im Vordergrund sind ein Gaslaternenpfosten und ein Briefkasten zu sehen. Und über dem Eingang eines der Gebäude hängt ein Schild von Rudolf Hallmann – einem Metzger, dem die Mietshäuser in Langgarten 2 und 3 gehörten, und in dem ersteren betrieb er etwa zwischen 1905 und 1910 (laut den Adressbüchern) eine Metzgerei unter seinem eigenen Namen.
Wenden wir nun unseren Blick nach links. Genau an der Ecke ist das Ende eines Schildes am Gebäude Langgarten 112 zu sehen, auf dem der Bäcker Kurt Böhlke für sich geworben hat. Sein gesamtes Schaufenster war auf einer anderen Postkarte aus dieser Straße zu sehen, die im Herbst 2016 hier beschrieben wurde. Wenn Sie beide Aufnahmen genau betrachten, können Sie feststellen, dass das Foto auf der heutigen Farbpostkarte früher aufgenommen wurde als das der beschriebenen Postkarte vor mehr als 3 Jahren. Auf welcher Grundlage? Vergleichen Sie die Fassaden des Hauses in Langgarten 111. Auf der ersten Aufnahme sind sie nur mit Farbe bedeckt. Und auf der zweiten sieht man Werbeaufschriften für Farben, die gerade in der Drogerie und Parfümerie von Rudolf Minzloff verkauft wurden. Nun, es sei denn, das Mietshaus war zunächst mit solchen Inschriften geschmückt, dann trat ein Landschaftsbeschluss in Kraft und der besagte Kaufmann musste sie unter Androhung von Geldstrafe innerhalb einer bestimmten Frist von der Wand entfernen :).
Liebhaber der damaligen Mode werden von der großen Bandbreite der auf der Postkarte abgebildeten Personen begeistert sein. Jung und alt. Frauen und Männer. Radfahrer und Chauffeure. Mädchen und Jungen. Es scheint sogar dort einen Uniformierten zu geben.
In der Mitte der Rückseite steht senkrecht die Inschrift: Kunst und Verlagsanstalt – Schaar u Dathe. Schaar und Dathe war einer der größten deutschen Postkartenverlage der Vorkriegszeit. Manchmal trugen sie ihre Initialen S. & D. T. anstelle des vollständigen Textes ein. Das Unternehmen wurde im Juli 1895 gegründet. Ihre damaligen Partner waren Aloys Schaar und Hermann Dathe. In den folgenden Jahren wurde der Name mehrmals geändert. Die Aktivitäten bis 1945 betrafen jedoch immer die Herausgabe von Postkarten und interessanterweise immer in derselben Stadt Trier. Der letzte bestätigte Name ist der von 1939. – H. Dackweiler & Co. ehemals Schaar & Dathe
Die Farbpostkarte ist mit der Katalognummer A 09399 gekennzeichnet, die sich in der rechten unteren Ecke der Rückseite befindet. Die schwarze Linie wurde wahrscheinlich später hinzugefügt.
Der Herausgeber der in dem Artikel zitierten neueren Postkarte ist Knackstedt & Nather in Hamburg. Seine Katalognummer ist Serie 628, Nummer 14.
Die hier vorgestellte Original-Postkarte, die nicht im Umlauf war, stammt aus der Sammlung der Geschichtserzähler der Niederstadt in Danzig.
Autor des Artikels: Jacek Górski.
Übersetzung – Andreas Kasperski.
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Langgarten auf Postkarten (Teil I)