Mit Dir ans Ende der Welt
An dem Tag kaufte Leonie im Kolonialwarengeschäft um die Ecke eine Postkarte. Sie stöberte und suchte lange aus, konnte sich nicht entscheiden. Bis sie endlich die fand, von der sie glaubte, dass sie ihre Gefühle für den Mann, der gerade so weit weg von ihr war, sie nicht umarmen und ihr auch in die Augen blickend keine warmen Worte aussprechen konnte, am besten ausdrücken würde.
Zuhause angekommen setzte sie sich dann in der Küche am Tisch hin, und schrieb das nieder, was ihr seit Tagen am Herzen lag und woran sie auf dem Weg zum Laden dachte.
Lieber Albert !
Warum schreibst Du solange nicht? Hast Du meine Schreiben alle erhalten? Wie geht es dir immer? Schreib mir doch gleich Antwort, ob Du kommst. Ich habe sehr lange Zeit nach Dir (wahrscheinlich eine Variante der Redewendung: ich habe Zeitlang nach Dir. Bedeutet: Sehnsucht nach Dir). Also gleich Antwort.
Herzliche Grüße und Küsse sendet Deine Leonie und Familie Durswell
Adressiert wurde die Karte von Leonie wie folgt:
Musketier
Albert Fritz.
I. Ers. Bath. II. Rekruten Depot
Ift. Rgt. 128. 8 Corporalschaft
Danzig
Reiterkaserne.
Die Postkarte wurde per Feldpost verschickt. Der viereckige Stempel informiert darüber, dass die Post geprüft und für die Zustellung freigegeben wurde.
Und auf der Front der Postkarte erhitzt das Herz der romantische Spruch: „Bis an‘s Ende der Welt mit Dir!”
Und darunter: „Du hast mich um all meine Ruhe gebracht, Du schönste und feinste der Fee‘n”.
Verschickt wurde die Karte vor 105 Jahren, am 17 März 1916 und kam noch am selben Tag bei der Post in Mühlhausen im Elsass an.
Leider kennen wir den darauffolgenden Teil dieser Korrespondenz nicht. Wer wissen nicht, was mit Albert und Leonie passierte. Besiegte die Liebe die große Distanz und alle anderen Barrieren? Man muss doch bedenken, dass 1916 der Erste Weltkrieg im vollen Gange war und das Schicksal der beiden mehr oder weniger glücklich hätte verlaufen könne.
Text – Jacek Górski
Übersetzung – Andreas Kasperski.