Pech am Morgen

Das Gebäude in der Weidengasse 16 war ein altes Mietshaus aus der Vorkriegszeit, mit einem Treppenhaus, das mit feingeschnitzten Holzgelände ausgestattet war. Die Treppenstufen waren mit bereits an vielen Stellen ausgeleiertem Linoleum ausgelegt. Ich wohnte dort vier Jahre lang in der vierten Etage, die eigentlich schon im Dachgeschoss war, denn durch meine Wohnung ging man direkt zum Dachboden. Im Dachgeschoss gab es drei Wohnungen, in die man durch Gemeinschaftsflur gelangte. Der Lichtschalter befand sich in diesem Flur genau zwischen zwei Wohnungstüren, wodurch ich morgens, als es noch dunkel war, nur noch wenige Schritte bis zum Schalter hatte. Eine Zeit lang stand auch darunter ein Tisch, den die Nachbarin eigentlich in den Keller bringen wollte, aber es irgendwie nicht schaffte.

Eines Morgens, im Herbst, als es draußen noch dunkel war, wollte ich wieder das Licht einschalten, doch statt den Schalter erwischte ich eine menschliche Nase. Schock! Männliche Stimme: na was! Letztendlich gelang es mir den Schalter zu erwischen und da sah ich plötzlich wie mein Nachbar auf dem Tisch sitzt und den ich anscheinend mit dem Drücken auf seine Nase aufweckte. Verzeihen Sie bitte, ich wollte nur das Licht einschalten. Darauf der Nachbar eindeutig sauer: na Scheiße, beinah hättest du mir die Nase gebrochen.

Schnell lief ich die Treppe hinunter und weiter zur Arbeit den Gehsteig entlang in Richtung Tornescher Weg. Es war jedoch nicht das Ende der Pechstrehne an jenem Morgen. Während ich auf dem Gehsteig lief, hörte ich plötzlich so ein komisches Klopfen meiner Schuhe. Mal leise, mal laut, leise, laut. Ich blieb stehen. Na fein. Auf dem linken Fuß hatte ich einen weichen braunen Mokassin, auf dem rechten einen schwarzen festen Schuh mit harter Sohle. Den Rest des Arbeitsweges versuchte ich auf den Zehen zu schleichen, obgleich man auf weichem Untergrund es eher nicht hörte.

Text: Bogdan Malach.

Übersetzung – Andreas Kasperski.

Bundaufnahme: Elżbieta Woroniecka.
Schwarzweissaufnahme: Artur Wołosewicz. Quelle: Sobiecka L., Kaliszczak M. (ed.), Gdańsk – Dolne Miasto. Dokumentacja historyczno-urbanistyczna, PP Pracownie Konserwacji Zabytków Oddział w Gdańsku Pracownia Dokumentacji Naukowo-Historycznej, Gdańsk 1979.

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