Rehbronn Hans – Schäfter aus der Kolkowgasse?
Auf einigen wenigen bekannten Exemplaren des Jagdgewehrs vom Typ M98, die 1920/21 von der Gewehrfabrik Danzig hergestellt wurden, befindet sich neben den Standardmarkierungen auf der Waffe eine weitere Markierung.
Eine davon befindet sich auf der Schäftung der Waffe auf ihrer linken Seite am Griff unter der Schlosskammer. Es gibt eine Kennzeichnung in Form einer geprägten (gestempelten) Aufschrift in zwei Zeilen, die lautet:
Hans Rehbronn
Danzig
Markierung auf der Schäftung „Hans Rehbronn Danzig”. Foto: forum.robsoft.nu
Derzeit ist eine solche Kennzeichnung auf Waffen aus Danzig in zwei Fällen bekannt, und zwar auf den Exemplaren mit folgenden Seriennummern:
1693
2303
Vielleicht gibt es noch mehr von diesen Markierungen, oder zumindest gab es sie. Diese Inschrift könnte bei der späteren Renovierung der Schäftung selbst oder nach ihrer Erneuerung verschwunden sein, wie es häufig der Fall war.
Auf einem anderen Waffentyp aus Danzig, nämlich dem kleinkalibrigen Sportkarabiner Modell 2, ist diese Kennzeichnung hingegen nicht zu finden (oder zumindest wurde sie bisher nicht gefunden).
Was bedeutete diese Kennzeichnung und wer war Hans Rehbronn?
Hans Rehbronn taucht in den Danziger Adressbüchern um 1911 als Kaufmann in einem nicht näher bezeichneten Wirtschaftszweig auf (dies ist noch nicht geklärt). Sein Geschäft muss jedoch floriert haben, denn schon nach relativ kurzer Zeit änderte er die Adresse seiner Geschäftsräume. Zunächst befand er sich in der Jopengasse 10 (Piwna), später in der Straße Um Holzraum 6 (diese Straße gibt es heute nicht mehr) und schließlich am Holzmarkt.
Welcher Zusammenhang besteht also mit dieser Markierung auf den Schäftungen? Es scheint ganz einfach zu sein. Da er ein Handwerker war, könnte er auch im Waffenhandel tätig gewesen sein. Meiner Meinung nach ist dies jedoch zweifelhaft; die Wahrheit ist vielleicht viel interessanter.
Um die Jahreswende 1920/21 eröffnete Hans Rehbronn unerwartet ein neues Unternehmen, das neben der Herstellung von Danziger Möbeln auch andere Dienstleistungen anbot.
Der Hauptsitz seiner Firma befand sich nach wie vor am Holzmarkt, während die eigentliche Werkstatt oder Produktionsstätte in einem Gebäude untergebracht war, das früher zur Gewehrfabrik gehörte und sich an deren Rückseite in der Kolkowgasse 15a (heute Królikarnia-Straße) befand. Gleich nebenan in der Kolkowgasse 15 befand sich das Lager seiner Firma.
Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs wurde wahrscheinlich ein Teil der zur Waffenfabrik gehörenden Gebäude an andere Unternehmer vermietet. Wie die meisten Unternehmer in Danzig zu jener Zeit profitierte auch Herr Rehbronn davon, indem er sie für sein neues Geschäft mietete. Diese Informationen sind vor allem in den Adressbüchern der Stadt Danzig aus dieser Zeit zu finden.
Dass Hans Rehbonn sich in unmittelbarer Nähe der Gewehrfabrik in der Kolkowgasse niederließ, ist wahrscheinlich nicht ganz zufällig. Er mietete nicht nur die Räumlichkeiten selbst, sondern erhielt auch Zugang zu den dort befindlichen Maschinen. Das könnte bedeuten, dass sich dort früher eine Schreinerei befand, die der Gewehrfabrik diente.
Das würde übrigens bedeuten, dass wir eine der Produktionsabteilungen der ehemaligen Königlich Preußischen Gewehrfabrik gefunden haben, in der Schäftungen hergestellt wurden (?).
Es ist jedoch nicht bekannt, ob das „Abenteuer“ von Herrn Rehbronn mit der Produktion von Geschützlagern nur ein Zufall war oder ob sein Unternehmen zu dieser Zeit ein regelmäßiger Lieferant der Gewehrfabrik Danzig war. Wenn ja, nach welchen Grundsätzen fand diese Zusammenarbeit statt?
Lassen Sie mich die Gelegenheit nutzen, um den Titel dieses Artikels zu erklären. Per Definition war ein Schäfter ein Handwerker des alten Berufsstandes, der sich mit der Herstellung von Lagern (ausschließlich) für Feuerwaffen beschäftigte. Später verschwand dieser Beruf und ging direkt in den Beruf des Büchsenmachers über. Heutzutage wissen nur wenige Menschen, was ein Vertreter dieses Berufsstandes tat.
War Hans Rehbronn ein Büchsenmacher, oder Schäfter? Das kann ich nicht mit Sicherheit sagen. Auf jeden Fall war er in der Lage, Schäftungen herzustellen oder bot zumindest die Möglichkeit dazu in seiner Werkstatt an.
Vielleicht kennzeichnete er wie jeder andere Handwerker seine Produkte auf diese Weise, vielleicht war es aber auch eine Form der gezielten Werbung, um bei den Abnehmern auf sich aufmerksam zu machen (schließlich wurden diese Waffen auch exportiert), um einige größere Aufträge für diese doch sehr speziellen Produktionssortimente zu erhalten.
Und so sah das Areal der Vorkriegs-Kolkowgasse 15a am 2.02.2020 aus (das ist die Rückseite des ehemaligen Hydroster- und des heutigen LPP-Gebäudes). Autor der Fotos – Jacek Górski.
Der obige Artikel bezieht sich auf den Stand des Wissens vom 2020.02.06.
Bibliographie:
1/ Adreßbuch für Danzig und Vororte 1921
2/ Plan miasta Gdańska – Buhse, 1880 r.
3/ „Hans Rehbronn Danzig 8×57 IS”
4/ Danszig 8×57 stämplar v. sida.JPG
5/ Google Maps
Autor des Textes: Piotr J. Bochyński
Übersetzung – Andreas Kasperski.
P.S. Es ist interessant, dass Hans Rehbronn auf der 2. Internationalen Messe in Posen vom 19. bis 27. März 1922 ausstellte. Quelle – II Targi Poznańskie: wystawa wzorów przemysłu i hurtu polskiego 19/III-27/III 1922: urzędowy spis wystawców Targu Poznaskiego. [Anmerkung von Jacek Górski].