Straßenbahn zur Lenzgasse oder Wiosenna-Straße

Ich frage mich, wie ein Straßenbahnwagen mit der Nummer 62 seinen Weg in die Niederstadt zum Depot in der Lenzgasse (Wiosenna) gefunden hat. Immerhin war seine normale Strecke zwischen Emaus (Siedlce) und Kohlmarkt… Hmm… vielleicht war es eine sogenannte technische Fahrt. Vielleicht musste eine kleine Reparatur durchgeführt werden. Oder die Wagen kamen normalerweise nach der Arbeit hier herunter und „übernachteten” bis zum nächsten Tag. Vielleicht kam er über die „rote” Strecke über die Weidengasse hierher, vielleicht fand er aber auch einen anderen Weg und schaffte es, über die „weiße” Strecke über den Thornschen Weg zu kommen…

Tramwa z Wiosennej i Gustav Waldeck z Ułańskiej 10 - front pocztówkiDas späte 19. Jahrhundert war die Zeit der Elektrifizierung der Straßenbahn in Danzig. Auf dem Foto ist ein Teil des Wagens gut zu erkennen. An der Vorderseite des Wagens steht der Fahrer des Fahrzeugs. Seine stolze, aufrechte Gestalt zeugt von der Ernsthaftigkeit seines Berufs, denn Straßenbahnfahrer im alten Danzig zu sein, war schon etwas! Seine Hände ruhen auf dem Fahrgeber (danke, Herr Peter) und der Bremsstange, um sich und den verantwortungsvollen Beruf, den er ausübt, zu präsentieren. Hinter ihm auf der vorderen Plattform der Straßenbahn stehen zwei Mädchen, vielleicht die Töchter des Zugführers oder des Schaffners, die am Wagen stehen. Vielleicht sind es aber auch Kinder, die in der Nähe des Betriebshofs wohnen… wir wissen es nicht. Man kann auch den Kopf eines dritten Kindes sehen, eines Jungen, der den Fotografen, der das Foto macht, neugierig von der rechten Hand des Straßenbahnführers aus anschaut. Können Sie sie auch sehen….?

Der Wagen selbst wurde von der Elektrischen Straßenbahn A.G. wunderschön hergestellt. Über der Aufschrift an der Seite des Wagens befindet sich das Wappen der Vorkriegsstadt Danzig. Der Wagen selbst ist bereits sehr modern, da er mit Glas und Jalousien ausgestattet ist. Und das alles, um den Fahrgästen die Fahrt angenehmer zu machen. (Können Sie sich Jalousien in modernen Straßenbahnen vorstellen?…).
Eine weitere Kuriosität ist die Werbung für Flaschenbier der Danziger Actien Bierbrauerei, d.h. der Brauerei in Langfuhr (Wrzeszcz), namens Artusbräu und Bankenbräu mit einem Fassungsvermögen von 0,33 l. (in einem Fenster) und der Färberei von Herrn J.H. Wagner, ansässig in 1. Damm nr. 15 (im anderen Fenster), auf den Fenstern des Fahrzeugs.
Farbiarnia Wagnera z Grobli IBeide Werbetafeln befinden sich auf der Innenseite des Wagens, um die Reisenden zum Lesen anzuregen. Auf dem Dach des Wagens sind Schilder mit der in der Einleitung erwähnten Strecke zwischen Emaus in Schidlitz und dem Kohlmarkt angebracht. Die Straßenbahn hatte auch eine Beleuchtung, um die Fahrgäste nach Einbruch der Dunkelheit sicher zu befördern. Wir können auch davon ausgehen, dass es sich bei diesem Wagen um einen so genannten Triebwagen handelte. Interessant ist jedoch, dass er vorne einen Metallpuffer hatte, der sonst auch an den Anhängewagen angebracht war und der verhinderte, dass dieser Triebwagen mit dem vorne angehängten Wagen nicht zusammenstieß. Straßenbahnexperten – bitte helfen Sie uns mit einer genaueren Beschreibung dieses Wagens….
Nun, dort, wo der Zaun, an dem unser schöner malerischer Waggon steht, endet, beginnt die Sperlingsgasse (die heutige Wrobla). Im Hintergrund sieht man eine Reihe von Mietshäusern in dieser Straße mit einem markanten Pfosten zum Spannen der Oberleitung und eine mit schwedischen Ebereschen bepflanzte Allee, die nach dem Zuschütten der letzten Kanäle im Jahr 1871 angelegt wurde.

Tramwaj z Wiosennej i Gustav Waldeck z Ułańskiej 10 - tył pocztówkiDas Foto, oder vielmehr die Postkarte, die aus diesem gemacht wurde, wurde am 14. Juni 1910 geschrieben und am 15. Juni von Herrn G. Waldeck, wohnhaft in der Reitergasse 10 (Ulanska), abgeschickt. Ein Blick in das Adressbuch von 1910 verrät uns, dass Herr Waldeck mit Vornamen Gustav hieß und von Beruf Straßenbahn-Schaffner war, daher ist es sehr wahrscheinlich, dass der Schaffner auf dem Foto tatsächlich Herr Waldeck ist. Gustav Waldeck z Reitergasse 10(Interessante Tatsache – ein Jahr zuvor wohnte Herr Gustav in der Tischlergasse oder Stolarska).

Tramwaj z Lenzgasse i duch na dalszym planieEs gibt noch ein weiteres Element auf dem Foto, über das es sich zu schreiben lohnt. Wenn Sie das Foto genau betrachten, können Sie hinter dem Straßenbahnwagen die Figur eines „Gespenstes” erkennen. Damals musste man den Film eine ganze Weile belichten, sogar bis zu mehreren Minuten, um die Figur deutlich zu erkennen. Das „Gespenst” war eine Person, die dort vorbeiging, und die Umrisse der Figur, die wie ein Schatten oder eine unwirkliche Erscheinung aussah, wurden auf dem Film festgehalten.

Der Zauber der alten Fotografien hält an. Wenn wir sie so genau betrachten, werden wir in der Zeit an diese Orte zurückversetzt, wenn auch nur für einen kurzen Moment…

Autorin des Artikels: Elżbieta Woroniecka.
Übersetzung – Andreas Kasperski.
Die Original-Postkarte stammt aus der Sammlung der Geschichtserzähler der Niederstadt in Danzig.

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